Buchtipp:
Revolution für das Leben: Philosophie der neuen Protestformen

von ZukunftsMacher Helmut Scheel

Eva Eva von Redecker: Revolution von unten

In dem Buch „Revolution für das Leben“ mit dem Untertitel „Philosophie der neuen Protestformen“ entwirft die Philosophin Eva von Redecker eine Vision, wie sie sich die Gesellschaft von morgen wünscht. Sie setzt auf eine Gemeinschaft, auf das Wir, auf Individuen, die teilen und sich nicht nur über Eigentum und Besitz definieren. Die Autorin analysiert den Kapitalismus, der unsere Lebensgrundlagen zerstört, indem er im Namen von Profit und Eigentum lebendige Natur in toten Stoff verwandelt. Darin sieht sie das zentrale Problem unserer öko-sozialen Krise. So steht am Anfang die Ausbeutung des Eigentums in Form von Rohstoffgewinnung, um damit Gewinne zu erzielen. Danach lasten die Unternehmen und Konzerne den Abfall und die verwertbaren Stoffe der Allgemeinheit auf. Der Rohstoff wird kapitalisiert und die Gesellschaft trägt die Folgekosten. Es ist eine Beschreibung, wie das kapitalistische System unsere Lebensgrundlagen vernichtet, menschliche Beziehungen zerstört und das gute Leben für alle verhindert.

Eva von Redecker ist auf der Suche nach den Ursachen des Klimawandels, rassistischer Unterdrückung und kapitalistischer Herrschaft, sucht Gemeinsamkeiten der neuen Protestbewegungen wie „Black Lives Matter“, „Fridays for Future“ oder die Seenotrettung und findet Antworten. „Es gibt unterschiedliche Bezüge auf unterschiedliche Bereiche des bedrohten Lebens: das Leben Einzelner gegenüber Polizeigewalt oder das Überleben einer ganzen Art im Zuge der industriellen Landwirtschaft oder der Erderwärmung“, sagt sie ein einem ARD-Interview. Ihnen gemeinsam sei, dass das Leben das Grundlegendste sei, worum es zu kämpfen gilt. Das zeige vielleicht auch, in welcher dramatischen, zugespitzten Lage wir uns derzeit befänden. Obwohl sich viele Kämpfe über Jahrhunderte so beschreiben lassen, ist es doch neu, dass das Leben direkt in den Mittelpunkt gestellt wird und man nicht über Besitzverhältnisse oder über Bürgerrechte in die Auseinandersetzung einsteigt.

Ist eine Revolution die Lösung?

Der Autorin geht es nicht um politische Umstürze, sondern um eine Revolution, die das Ziel verfolgt, die Ausbeutung und Herrschaft von Eigentum zu beenden und der Gemeinschaft ihre Rechte zurückzugeben.  Die »Revolution für das Leben« kommt von unten und ist eigentlich eine Graswurzelbewegung. Zudem bezeichnet die Autorin Revolution als einen Prozess: Das Konzept einer neuen Welt ist eigentlich schon da, nur wartet es irgendwo in den Nischen der Gesellschaft darauf, dass es sich alle vorstellen können und sie konzentriert sich auf Momente von Solidarität und Weltwahrung, die in gegenwärtigen sozialen Bewegungen eingeübt werden und sich zum Teil in den Alltag verlängern lassen.

Ob wir den Kapitalismus vermissen?

Die Autorin propagiert „Omnia sunt communia“ (Alle Güter sind gemein) in verschiedenen Ausprägungen, um es in vier Schritten oder wie sie schreibt in „vier Gesten“ zusammenzufassen: Leben retten – Leben regenerieren – Leben teilen – Leben pflegen. „Ob wir den Kapitalismus vermissen? Der Ökonom Joseph Schumpeter antwortet in den 1930igern darauf: „Kann der Kapitalismus weiterleben? Nein, meines Erachtens nicht. Diese meine Ansicht ist freilich wie die eines jeden andern Nationalökonomen, der sich über diesen Gegenstand geäußert hat, an sich völlig uninteressant. Was bei jedem Versuch einer sozialen Prognose zählt, ist nicht das Ja oder Nein, dass die dazu führenden Tatsachen und Argumente zusammenfasst, sondern diese Tatsachen und Argumente selbst. Diese enthalten alles, was am endgültigen Ergebnis wissenschaftlich ist. Alles andere ist nicht Wissenschaft, sondern Prophezeiung.“

(Schumpeter: Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie)

Eva von Redecker

Eva von Redecker ist Philosophin, Autorin und Publizistin. Sie zählt zu den führenden antikapitalistischen, feministischen Stimmen im deutschsprachigen Raum und bewegt sich an den Schnittstellen feministischer Philosophie und Kritischer Theorie.

Von Redecker hat in ihrem Buch „Revolution und Praxis“ den Revolutionsbegriff neu interpretiert. Die Eigentumsgesellschaft und damit verbundene Herrschaftsverhältnisse gehören zu ihren philosophischen Überlegungen.

Von Redecker hat Philosophie, Germanistik und Geschichte studiert und hat an der Humboldt-Universität Berlin, der Universität Cambridge (UK) und an der New School for Social Research (New York) gelehrt. Sie ist assoziiertes Mitglied des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität Berlin und hat auch das Center for Humanities and Social Change an der Humboldt-Universität mit aufgebaut.

Eva von Redecker hat sich intensiv mit der Philosophie von Judith Butler und Hannah Arendt auseinandergesetzt. Aktuell ist sie im Rahmen des Marie Skłodowska-Curie Fellowship an der Universität Verona und forscht zu Autoritarismus und Phantombesitz. 

Buchtipp

Revolution für das Leben | Philosophie der neuen Protestformen  

von Eva von Redecker

Eva-von-Redecker Eva von Redecker: Revolution von unten

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